Was versteht man unter Erbbaurecht?
Unter Erbbaurecht versteht man das Recht, auf einem Grundstück, das jemand anderem gehört, ein Gebäude zu bauen oder zu erwerben.
Dabei wird zwischen dem Grundstückseigentümer (=Erbbaurechtgeber) und dem Bauherren oder Käufer des Gebäudes (=Erbbaurechtnehmer) ein zeitlich befristeter Erbbaurechtsvertrag geschlossen. Für das Erbbaurecht zahlt der Erbbaurechtnehmer an den Grundstückseigentümer einen jährlichen Erbbauzins.
Grundsätzlich wird das Erbbaurecht als sogenanntes „grundstücksgleiches Recht“ behandelt wie ein Grundstück.
Wie funktioniert ein Erbbaurecht?
Der Erwerb des Erbbaurechts läuft in weiten Teilen ähnlich wie ein klassischer Immobilienkauf ab:
- Anstatt eines Kaufvertrags schließen der Grundstückseigentümer und der Erbbaurechtnehmer einen notariellen Erbbaurechtvertrag ab.
- Anstelle eines Kaufpreises wird darin ein Erbbauzins vereinbart, den der Erbbaurechtnehmer jährlich an den Erbbaurechtgeber zahlt.
- Das Erbbaurecht (inklusive der Höhe des Erbbauzinses und der Laufzeit) wird ins Grundbuch eingetragen. Dabei legt das Grundbuchamt für ein Erbbaurechtgrundstück ein zusätzliches Grundbuchblatt (= das Erbbaugrundbuch) an.
Das Erbbaurecht ist ein Nutzungsrecht. Da es als grundstücksgleiches Recht juristisch einem Grundstück gleichgestellt ist, kann es prinzipiell vererbt, veräußert sowie für eine Immobilienfinanzierung beliehen werden.
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Die zwei entscheidenden Unterschiede zum klassischen Immobilienkauf sind:
- Der Käufer des Erbbaurechts wird nicht Eigentümer des Grundstücks, sondern nur Eigentümer des Gebäudes auf dem Erbpachtgrundstück.
- Das Nutzungsrecht ist immer zeitlich befristet. Üblicherweise ist das Erbbaurecht bei Wohngebäuden auf 60 bis 99 Jahre begrenzt.
Was geschieht nach Ablauf des Erbbaurechts?
Nach der vertraglich vereinbarten Laufzeit erlischt das Erbbaurecht. Sofern die Vertragspartner nicht rechtzeitig etwas anderes vereinbart haben, muss der Erbbauberechtigte das Gebäude dann räumen und erhält eine Vergütung für den Wert seines Gebäudes. Der Grundstückseigentümer wird dann auch Eigentümer des Gebäudes.
Verlängerung des Erbbaurechts
Der Erbbauberechtigte kann eine Verlängerung des Erbbaurechtsvertrages anstreben. Diese muss vor Ablauf der Laufzeit im Grundbuch eingetragen werden.
Einen Anspruch auf Verlängerung gibt es jedoch nicht. Nur wenn der Eigentümer das Grundstück weiterhin per Erbbaurecht nutzen möchte, hat der derzeitige Rechteinhaber ein Vorrecht auf Verlängerung.
Kauf des Erbbaurechtsgrundstücks
Die Vertragspartner können auch vertraglich vereinbaren, dass der Erbbaurechtnehmer das Grundstück nach Ablauf der Laufzeit erwerben kann. Kommunen als Erbbaurechtgeber sind hier in vielen Fällen durchaus gesprächsbereit. Auch ein Kauf während der Laufzeit ist nicht prinzipiell ausgeschlossen.
Wie hoch ist der Erbbauzins?
Die Höhe des jährlichen Erbbauzinses (umgangssprachlich auch: Erbpachtzinses) können die Vertragsparteien grundsätzlich frei vereinbaren und im Erbbaurechtsvertrag festhalten. Üblich sind drei bis sechs Prozent des Grundstückwertes.
Der Erbbauzins wird als Reallast im Grundbuch eingetragen und für die Laufzeit der Erbpacht festgelegt. Eine Erhöhung des Erbbauzinses ist laut § 9a Erbbaurechtsgesetz nur im Rahmen der Veränderungen der allgemeinen wirtschaftlichen Verhältnisse gestattet. In aktuellen Erbpachtverträgen ist diese Anpassung des Erbbauzinses häufig in einer Wertsicherungsklausel explizit definiert.
Wie funktioniert eine Immobilienfinanzierung mit Erbbaurecht?
Grundsätzlich kann ein Erbbaurecht für eine Immobilienfinanzierung beliehen werden. Voraussetzung dafür ist, dass
- die Tilgung des Baudarlehens spätestens 10 Jahre vor Ablauf des Erbbaurechts erfolgt und
- die planmäßige Tilgung der Baufinanzierung nicht die buchmäßige Abschreibung des Bauwerkes nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten überschreitet.
Bei den Konditionen des Immobilienkredits kann sich ein Finanzierungsvorhaben mit Erbbaurecht allerdings nachteilig auswirken. Die meisten Kreditinstitute schätzen den Wiederverkaufswert einer Immobilie auf einem Erbbaurechtsgrundstück geringer ein. Damit sinkt der Beleihungswert und der Sollzinssatz steigt.
Wann lohnt sich Erbbaurecht?
Ob und wann sich das Erbbaurecht lohnt, hängt von der Zinsentwicklung bei Immobilienfinanzierungen ab. Je höher die Bauzinsen sind, desto eher lohnt sich das Erbbaurecht. Wichtig ist vor allem die Langzeitbetrachtung.
Denn auf lange Sicht gilt umgekehrt: Je niedriger die Bauzinsen sind, desto eher lohnt sich eine Immobilienfinanzierung für den Grundstückskauf im Vergleich zum Erbbaurecht.
Beispielrechnung Erbbaurecht vs. Finanzierung eines Grundstückskaufs
Zur Veranschaulichung des Vergleichs der finanziellen Belastung beim Erbbaurecht und beim Grundstückskauf mit einer Immobilienfinanzierung folgendes Beispiel:
Eine Familie hat für ihr Neubauvorhaben die Wahl zwischen zwei unbebauten Grundstücken. Grundstück A ist ein Erbbaurecht mit einem Erbbauzins von 4 Prozent, Grundstück B kann klassisch gekauft werden. Beide haben einen Verkehrswert von 150.000 Euro. Der Einfachheit halber lassen wir die Kosten für den Neubau außen vor und betrachten allein die Grundstückskosten. Da die Langzeitbetrachtung entscheidend ist, schauen wir uns die Situation nach 30 Jahren an.
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Variante A Erbbaurecht:
Der jährliche Erbbauzins in Höhe von 4% bedeutet eine finanzielle Belastung von 6.000 € pro Jahr bzw. 500 € monatlich. Nach 30 Jahren haben sich die Kosten für das Erbbaurecht auf 180.000 € aufsummiert.
Die Familie hat also bereits mehr Erbpachtzinsen gezahlt als der Kauf von Grundstück B ursprünglich gekostet hätte.
Variante B Grundstückskauf:
Bei der Alternative des Erwerbs von Grundstück A gehen wir davon aus, dass der Familie kein Eigenkapital zum Kaufzeitpunkt zur Verfügung steht. Für eine Vollfinanzierung wird also ein Baudarlehen von 150.000 € benötigt. Liegt der Sollzinssatz für eine solche Immobilienfinanzierung mit 30-jähriger Sollzinsbindung nunmehr bei der Hälfte des Erbbauzinses, in unserem Beispiel also bei 2%, ergibt sich folgendes Bild:
Setzt die Familie anstelle der monatlich 500 € Erbbaurechtzinsen denselben Betrag als Monatsrate für die Immobilienfinanzierung ein, verbleibt bei diesen Konditionen nach 30 Jahren ein Restdarlehen von rund 26.000 €.
Die Volltilgung des Baudarlehens wäre nach 30 Jahren erreicht, wenn die Familie eine nur geringfügig höhere monatliche Rate von 555 € aufbringen kann.
Bei der Vergleichsrechnung ist vor allem zu beachten:
Nach der Tilgung der Immobilienfinanzierung ist die Familie Eigentümer des Grundstücks A ohne weitere Zahlungsverpflichtung (abgesehen von der Grundsteuer, die aber auch bei der Erbpacht anfällt).
Als Erbbaurechtnehmer hingegen muss sie für das Erbbaurechtsgrundstück B den Erbpachtzins auch nach den 30 Jahren weiterhin Jahr für Jahr – „ein Leben lang“ bzw. bis zum Ablauf des Erbbaurechts zahlen.
Einen weiteren Minuspunkt verbucht die Erbbaurechtvariante, wenn man in die Vergleichsrechnung noch die Immobilienfinanzierung für einen Neubau oder den Kauf einer Bestandsimmobilie auf dem Erbbaurechtsgrundstück einbezieht.
Denn die meisten Darlehensgeber setzen bei Erbpacht den Beleihungswert für das Gebäude vorsichtshalber niedriger an als beim „klassischen“ Immobilienobjekt mit Grundstückseigentum. Das verschlechtert den Beleihungswert und bedeutet einen höheren Sollzinssatz. Der Zinsunterschied zu einer Immobilienfinanzierung ohne Erbpacht kann über eine lange Darlehenslaufzeit einige Tausend Euro zusätzlicher Kosten für den Erbbaurechtsnehmer bedeuten.
Wenn Sie selbst eine Vergleichsrechnung anstellen möchten, können Sie die verschiedenen Baufinanzierungsrechner von DTW | Immobilienfinanzierung nutzen. Diese bieten Ihnen die Möglichkeit, sich schnell und einfach einen guten Überblick über die Kosten einer Immobilienfinanzierung für Ihr Vorhaben zu verschaffen.
Baufinanzierungsrechner für die passende ImmobilienfinanzierungZusammenfassung der Vor- und Nachteile des Erbbaurechts
Vorteile des Erbbaurechts:
- Einsparung der (einmaligen) Kosten für den Grundstückskauf
- Chance, den Traum von Eigenheim auch mit geringem Eigenkapital bzw. Einkommen zu realisieren
- Günstige Alternative zum Grundstückskauf, wenn die Bauzinsen höher sind als der Erbpachtzins
- eine Immobilienfinanzierung ist grundsätzlich möglich
Nachteile des Erbbaurechts:
- Der Erbbaurechtnehmer wird nicht Eigentümer des Grundstücks
- Das Erbbaurecht ist immer zeitlich befristet
- Der jährliche Erbbauzins fällt über eine lange Laufzeit an („ein Leben lang“)
- Der Markt- bzw. Wiederkaufswert einer Immobilie mit Erbpacht gilt als geringer als bei einer Immobilie samt Grundstück
- Bei niedrigen Bauzinsen, die unterhalb des Erbbauzinses liegen, ist auf lange Sicht die Immobilienfinanzierung für einen Grundstückskauf günstiger
- Und die Konditionen einer Immobilienfinanzierung für ein Gebäude auf einem Erbbaurechtsgrundstück sind meist ungünstiger