Was ist die Vorfälligkeitsentschädigung?
Die Vorfälligkeitsentschädigung (VFE) bei der Immobilienfinanzierung ist eine finanzielle Entschädigung für den Darlehensgeber. Der Darlehensgeber verlangt diese, wenn ein Kreditnehmer eine Immobilienfinanzierung mit gebundener Sollzinsbindung vorzeitig ablöst.
Dem Darlehensgeber gehen durch die vorzeitige Auflösung Zinseinnahmen verloren. Der Darlehensgeber muss seine Kunden bei Abschluss einer Baufinanzierung informieren, dass bei einer vorzeitigen Ablösung der Immobilienfinanzierung eine Gebühr fällig wird. Diese Gebühr nennt man Vorfälligkeitsentschädigung.
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Die Höhe der Vorfälligkeitsentschädigung
Die Höhe der Vorfälligkeitsentschädigung bei vorzeitiger Ablösung der Immobilienfinanzierung wird immer individuell berechnet. Diese setzt sich aus einer Bearbeitungsgebühr für den Ablösungsaufwand und dem entstandenen Zinsschaden zusammen.
Der entstandene Zinsschaden hängt von
- der Höhe des Immobiliendarlehens,
- der vereinbarten gebundenen Sollzinsbindung,
- dem aktuellen Zinsniveau und
- dem im Darlehensvertrag vereinbarten Sollzins ab.
Reduziert wird die Vorfälligkeitsentschädigung um
- die nicht entstandenen Risikokosten sowie
- die nicht in Anspruch genommenen Verwaltungsgelder.
Rechtlich anerkannt ist eine Reduzierung um ca. 0,5 Prozent. Wollen Darlehensnehmer herausfinden, wie hoch eine eventuell zu zahlende Vorfälligkeitsentgelt ist, können sie den DTW | Vorfälligkeitsentschädigungsrechner zu Rate ziehen.
Zum DTW | VorfälligkeitsentschädigungsrechnerEine vorzeitige Kündigung einer Baufinanzierung kann unter bestimmten Voraussetzungen ohne Vorfälligkeitsentgelt erfolgen.
Laut § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB ist eine vorzeitige Kündigung eines Baudarlehens nach zehn Jahren nach der Vollauszahlung möglich.
Die Zehn-Jahres-Frist beginnt ab dem Tag, an dem der Kunde das Darlehen vollständig erhalten hat.
Kostenfrei kommen Darlehensnehmer auch aus ihrem Vertrag heraus, sobald die Widerrufsbelehrung fehlerhaft war.
Auch Bauspardarlehen sind nicht an eine bestimmte Fristregelung gebunden und können demnach jederzeit ohne Vorfälligkeitsentschädigung gekündigt werden, ebenso sind Sonderzahlungen kostenfrei möglich.
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Deshalb wird die Vorfälligkeitsentschädigung fällig
Darlehensgeber finanzieren eine Baufinanzierung mit gebundenem Sollzins dadurch, indem Sie im Gegenzug für den gleichen Zeitraum Anleihen emittieren oder Einlagen annehmen.
Verkürzt sich nun der Zeitraum der Kreditgewährung durch die vorzeitige Auflösung, zahlt der Darlehensnehmer weniger Zinsen. Dies führt zu einem Zinsausfallschaden auf der Seite des Darlehensgebers.
Der Darlehensgeber kann den Zeitraum der angenommenen Anleihen und Einlagen nicht verkürzen. Dadurch entsteht ein Refinanzierungsschaden für den Kreditgeber.
Bei der Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung müssen Sondertilgungsrechte zukünftig kostenmindernd zugunsten der Verbraucher berücksichtigt werden.
Beim Abschluss einer Immobilienfinanzierung ist die Höhe der Zinsen während der Zinsbindungsfrist meist festgeschrieben. Einerseits bedeutet dies Planungssicherheit für den Darlehensnehmer, andererseits gibt es dem Darlehensgeber die Möglichkeit sich für diesen Zeitraum zu refinanzieren.
So ist es in der Regel nicht möglich, einen bestehenden Baufinanzierungsvertrag während der vereinbarten Zinsbindungsfrist vorzeitig zurückzuzahlen.
Wer seine Immobilienfinanzierung dennoch vorzeitig kündigen möchte, muss die dadurch erlittenen Verluste des Darlehensgebers in Form einer Vorfälligkeitsentschädigung ausgleichen.
Bei Vertragsabschluss vereinbarte Sondertilgungen blieben bei einem vorzeitigen Ausstieg aus der Baufinanzierung bisher häufig unberücksichtigt. Die Rechtslage bei der Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung war bislang unklar.
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Neues Urteil zur Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung
(Az.: XI ZR 388/14)
Nun hat der Bundesgerichthof (BGH) den teilweise hohen Vorfälligkeitsentschädigungen einiger Darlehensgeber einen Riegel vorgeschoben. Bei der Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung einer Baufinanzierung müssen Sondertilgungsrechte zukünftig kostenmindernd zugunsten der Verbraucher berücksichtigt werden.
Verbraucherschützer hatten in diesem Sachverhalt eine Sparkasse verklagt. Diese hatte über eine Klausel die Möglichkeit der Anrechnung ausgeschlossen. „Zukünftige Sondertilgungsrechte werden im Rahmen vorzeitiger Darlehensvollrückzahlung bei der Berechnung der Vorfälligkeitszinsen nicht berücksichtigt“, ist in den “Besonderen Vereinbarungen“ im Darlehensvertrag der Sparkasse vermerkt.
Die Verbraucherzentrale Hamburg hatte gegen genau diese Sondervereinbarung im Darlehensvertrag geklagt. Von der Entscheidung des BGH sind alle Darlehensverträge betroffen, die eine solche Klausel bei der Baufinanzierung beinhalten.
Es handelt sich hierbei zwar um eine „Individualklausel, die die Sparkasse Aurich in ihren Vertrag aufgenommen hat“, allerdings geht die Verbraucherschutzzentrale davon aus, dass dies kein Einzelfall sei. Zuvor wurden bereits auch andere Sparkassen, eine Volksbank und Lebensversicherer abgemahnt.
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Einige Darlehensnehmer wurden bei der Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung benachteiligt
Weiterhin bemängelte die Verbraucherschutzzentrale, dass einige Kunden durch die Vorfälligkeitsentschädigung unverhältnismäßig benachteiligt wurden.
Allgemein gilt die Regelung, dass der Darlehensnehmer dem Darlehensgeber bei einer vorzeitigen Kündigung der Baufinanzierung die entgangenen Zinsen zu erstatten hat.
Laut Verbraucherzentrale können Darlehensgeber aber im Falle einer Einräumung von Sondertilgungsrechten ohnehin nicht mit den vollen Zinsen rechnen.
„Die generelle Nichtberücksichtigung vereinbarter künftiger Sondertilgungsrechte bei der Berechnung einer Vorfälligkeitsentschädigung führt zu einer von der Schadensberechnung nicht gedeckten Überkompensation“, so die BGH-Richter.
Auch Daniel Heinle, Bankenrechtler beim Frankfurter Büro der Kanzlei FPS, betont die Wirkung des Urteils für Darlehensgeber und Darlehensnehmer.
„Aus der Begründung des Urteils ergibt sich nämlich, dass Banken im Rahmen der Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung den Effekt von Sondertilgungsrechten berücksichtigen müssen. Dies gilt als unabhängig davon, ob der Darlehensnehmer finanziell in der Lage ist, von dieser Möglichkeit umfänglich Gebrauch zu machen.“, so Heinle.
Auch Heinle bestätigt, dass die betreffende Klausel im Darlehensvertrag einer Baufinanzierung oder Immobilienfinanzierung wohl keine große Verbreitung aufweist und von den meisten Darlehensgebern Sondertilgungsrechte ohnehin bereits schadensmindernd einkalkuliert werden.
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Quelle: Schwaldt, Norbert, „BGH setzt Banken Grenzen beim Hauskredit“ in: https://www.welt.de/finanzen/immobilien/article151207137/BGH-setzt-Banken-Grenzen-beim-Hauskredit.html [19.01.2016], zuletzt geprüft am 25.01.2016, 10:58.